Stalinkult
Die absolute Macht geht vom Staatsoberhaupt Josef Wissarionowitsch – Generalissimo – Stalin aus. Besonders nach der Etablierung der Sowjetunion als Großmacht nach dem II. Weltkrieg entwickelt sich ein extremer Personenkult, der von den sozialistischen Volksdemokratien übernommen wird. Die Glorifizierung Stalins grenzt an pseudoreligiöse Verehrung.
„Es lebe der neue Fünfjahrplan des Genossen Stalin! – Hurra!“
Dem Führer der kommunistischen Weltbewegung wird in verordneten Demonstrationen gehuldigt. Dieses Trugbild der Bejahung durch Menschenmassen rechtfertigt seine praktische Alleinherrschaft. Dementsprechend bedeutet jede Kritik oder Zweifel an der Person Stalins automatisch Systemkritik und kann für den Betreffenden unkalkulierbare Folgen haben. Selbst ein Witz kann Menschen hinter Gitter bringen.
Stalins Tod
Am 5. März 1953 stirbt Stalin.
Johannes R. Becher
Dem Ewig-Lebenden
(März 1953)
[…]
Den Namen Stalin trägt die neue Zeit.
Lenin – Stalin sind Glücksunendlichkeit.
Begleitet Stalin vor die rote Mauer!
Erhebt euch in der Größe eurer Trauer!
Seht: Über Stalins Grab die Taube kreist.
Denn Stalin: Freiheit – Stalin: Frieden heißt!
Und aller Ruhm der Welt wird Stalin heißen!
Laßt uns den Ewig-Lebenden lobpreisen!
Stalins Nachfolge
Nachdem der „Stern“ von Außenminister Molotow bereits zu Lebzeiten Stalins gesunken war, bleiben vier potentielle Nachfolger:
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Georgi Malenkow | Lawrenti Berija | Nikolai Bulganin | Nikita Chruschtschow |
Regierungschef (Vorsitzender des Ministerrates) | Innenminister und Geheimdienstchef (Ministerium für Staatssicherheit – MGB) | Marschall der Sowjetunion Verteidigungsminister |
Sekretär des Zentralkomitees der kommunistischen Partei (KPdSU) |
Den Machtkampf gewinnt nur derjenige, der innerhalb des Machtapparates die stärkere Koalition für sich bilden kann. Es kristallisieren sich zwei Fronten heraus:
Es konkurriert die Partei gegen die Regierung. Es gewinnt die Partei. |
Nikita Chruschtschow wird am 7. September 1953 offiziell zum 1. Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gewählt.
Ähnlich wie nach Lenins Tod 1924 und dem Aufstieg Stalins setzen sich die politischen Intrigen mit wechselnden Koalitionen fort bis alle ehemaligen Konkurrenten ausgeschaltet sind:
-> Berija wird bereits im Juni 1953 auf Betreiben Chruschtschows verhaftet und im Dezember wegen „Spionage“ verurteilt und erschossen. Er erliegt demselben Mechanismus, den er jahrelang gegen vermeintliche Regimegegner praktizierte.
-> Malenkow verliert seinen Einfluss mit der Entmachtung Berijas. 1955 wird er als Regierungschef abgesetzt. Nach einer missglückten „Palastrevolte“ im Juni 1957, als die Altstalinisten Chruschtschow stürzen wollen, weil ihnen dessen Entstalinisierungsprozesse zu weit gehen, wird er endgültig in die „Wüste“ geschickt.
-> Bulganin, sein Nachfolger als Regierungschef und zunächst Verbündeter Chruschtschows, stürzt ebenfalls über die missglückte Intrige von 1957 und wird 1958 in die „Wüste“ geschickt.
Fünf Jahre nach Stalins Tod bleibt nur noch Chruschtschow von den alten Eliten. Er hat jetzt eine Machtfülle wie sein Vorgänger.