Stalinismus
Stalinismus meint die Herrschaftsausübung der durch Stalin kultivierten Strukturen des Machterhalts und Machtausbaus. Reale und vor allem eingebildete politische Gegnerschaft bedeutet deren physische Vernichtung.
Diese Mechanismen werden nach dem 2. Weltkrieg auf die besetzten Länder übertragen. Der Name des Staats- und Parteichefs in der Sowjetunion wird so zum Synonym eines ganzen gesellschaftlichen Systems.
Propagandistische Rechtfertigung bildet die Annahme eines permanent zu führenden „Klassenkampfes“ - die Feinde des Sozialismus sind überall. Dieser stalinistische Klassenkampf-Mythos prägt die SED bis zum Herbst 1989.
Durch die internationalen Rahmenbedingungen nach dem 2. Weltkrieg kann die DDR nur an der Seite der Sowjetunion als Besatzungs- und Hegemonialmacht bestehen. Die Selbstbestimmung des ostdeutschen Staates orientiert sich zwangsläufig an den Vorgaben aus Moskau. Mit Propaganda und der gesellschaftlich verlangten Mitgliedschaft in der „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ (DSF) wird den Menschen eine Interessengleichheit mit der UdSSR verordnet.
Im Herbst 1989 finden überall in der DDR „Dialoge“ mit der Staatsmacht statt. Die SED versucht zu retten, was zu retten ist.
Im Leipziger „academixer-Keller“ wird am 15.11.1989 über den Stalinismus in der DDR diskutiert. Erste wissenschaftliche Erklärungsversuche unterstellen der SED die Fähigkeit zur historischen Aufarbeitung. Doch für die Menschen sind die SED und der Stalinismus längst synonyme Begriffe geworden. (Quelle: ABL)
Leipzig, 23.10.1989 | Quelle: ABL / Chr. Motzer
Gulag
Zum Eigennamen eines ganzen Systems von Repressionen, Haft und Zwangsarbeit wird der Begriff „Gulag“. Neben Strafe und Disziplinierung bilden die Arbeitslager eine feste Größe im sowjetischen Wirtschaftssystem.
Gulag - Главное Управление Лагерей - Glawnoje Uprawlenije Lagerje – Hauptverwaltung der Lager |
Seit Ende der 1920er Jahre bis Mitte der 1950er Jahre (Stalins Tod) erstrecken sich über die gesamte Sowjetunion ganze Lagerkomplexe.
Quelle: Memorial/Moskau
Durch den sowjetischen Schriftsteller Alexander Solschenizyn („Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“, 1962; „Der Archipel Gulag“, 1973) werden einer internationalen Öffentlichkeit die Haft- und Arbeitsbedingungen im Gulag bekannt. Der Einzelne kann zugunsten des Staates vernichtet werden. Der Tod von Menschen wird billigend in Kauf genommen.
Die Entwicklung in der SBZ und frühen DDR ist stärker mit dem sowjetischen Repressionsapparat verbunden als in den anderen Satellitenstaaten. Die politische Absicherung der neuen Ordnung obliegt über mehrere Jahre allein der sowjetischen Besatzungsmacht. Loyale Institutionen (Volkspolizei, Staatssicherheit) arbeiten ihr diesbezüglich zu.
Kultur- und Bildungsangebot der Staatssicherheit der DDR,1987 | Quelle: ABL
Die Staatssicherheit versteht sich in der Tradition des sowjetischen Geheimdienstes.
Die sowjetischen Speziallager in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) unterstehen seit 1948 der Lager-Hauptverwaltung Gulag des Moskauer Innenministeriums. Menschen, die mit der Besatzungsmacht in Konflikt geraten, unterliegen damit der sowjetischen Gerichtsbarkeit. Die meist konstruierten Anklagen lauten „Spionage“, „konterrevolutionäre Tätigkeit“ oder „antisowjetische Agitation“. Das Urteil spricht ein sowjetisches Militärtribunal.
Die Auslieferung von DDR-Bürgern an die Sowjetunion widerspricht geltendem Völkerrecht.