Am 21. Februar 1974 verabschiedet die Erste Kammer des Bundesparlaments die umfangreichste Verfassung der Welt. Sie will sowohl den nationalen Bedürfnissen als auch der Stärkung der integrativen Kräfte Rechnung tragen. Nach dem „kroatischen Frühling“ will Tito die Rolle der kommunistischen Partei stärken und den Umbau von Staat und Gesellschaft in diesem Sinne legitimieren.
Von 1967 bis 1971 wurden 42 (!) Verfassungsänderungen verabschiedet. Diese haben immer wieder versucht, die innere Zerrissenheit der Föderation aufzufangen. Die neue Verfassung stellt alle Teilrepubliken und die beiden autonomen Gebiete innerhalb Serbiens (Vojvodina und Kosovo) gleich. Die sozialistischen Republiken werden sogar als Staaten betrachtet. Deren Grenzen können nur mit dem jeweiligen Einverständnis verändert werden. Für den Kosovo und die Vojvodina gilt für die Grenzfrage das Gleiche.
Verteilung der verschiedenen Nationalitäten auf die einzelnen Republiken und autonomen Gebieten - nach der Volkszählung von 1981 in % (z.n. Holm Sundhaussen, 2011)
Weiterhin wird den Republiken das Recht auf Sezession gegeben, d.h. einzelne Landesteile können sich vom jugoslawischen Staat lösen, um eigene souveräne Staaten zu gründen. Diese Option wird in den 1990er Jahren genutzt und führt nach dem Bürgerkrieg zur Auflösung des jugoslawischen Staates.
Der Anfang vom Ende? |
Unangetastet bleibt die Stellung des Präsidenten Tito, dem vom „Vater der Verfassung“, Titos engstem Vertrauten Eduard Kardelj (r.), die Führung auf Lebenszeit zugeschrieben wird. Sein nie abgelegter militärischer Rang eines Marschalls und das Auftreten in seiner weißen Prunkuniform versinnbildlichen eine Stellung als oberster Befehlshaber.
Trotzdem macht man sich Gedanken über eine Nach-Tito-Zeit. Jugoslawien soll dann durch eine paritätische Länderkammer geführt werden.