Jugoslawische Außenpolitik
Nach Stalins Tod 1953 kommt es zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion zu einer ganz allmählichen Entspannung. Die Initiative ergreift zur Überraschung Titos der neue Kreml-Chef Chruschtschow (l.). Dieser will Jugoslawien aus der „Umarmung“ des Westens lösen und möglichst das Land wieder stärker an den Ostblock binden. Derartige Hoffnungen haben auch Teile der jugoslawischen Kommunisten. Sie wurden nur durch die Diffamierung Jugoslawiens zum Umdenken gezwungen und könnten jetzt zum „Stalinismus ohne Stalin“ zurückkehren.
Am 2. Juni 1955 verabschieden in Belgrad beide Seiten eine Erklärung, in der Chruschtschow den jugoslawischen Sonderweg akzeptieren muss.
Jugoslawien hat für beide Großmächte wegen der geostrategischen Lage eine besondere Bedeutung. |
Nach dem Bruch mit der Sowjetunion 1948 ist Jugoslawien politisch und wirtschaftlich isoliert. Die Führung muss die Strategie ihrer Außenpolitik ändern. Bereits Ende 1949 lehnt sie öffentlich eine Blockbildung ab. Der Schwenk nach Westen ist für Jugoslawien mit keinerlei politischen Zugeständnissen verbunden. Der US-Administration nützt ein neutrales Jugoslawien mehr. Damit kann sie einen „Keil“ in das sozialistische Lager treiben.
Jugoslawien muss sich dank der westlichen Hilfe nicht dem Druck Moskaus beugen und kann ebenso westlichen Überlegungen einer NATO-Eingliederung widerstehen. Das Land verfolgt konsequent eine Politik der bündnisfreien Koexistenz, die beide Lager beginnen zu akzeptieren.
Die jugoslawisch-sowjetischen Aussöhnung währt nur kurz. Als Tito Ende 1957 die führende Rolle der Sowjetunion in der kommunistischen Weltbewegung erneut nicht anerkennt, ziehen neue Wolken auf. Erst die Jahre 1962 bis 1968 bringen eine zweite Annäherung, die dann mit dem Einmarsch des Warschauer Pakts in der ČSSR endet. (Quelle: archive.org)
Tito und US-Präsident J.F. Kennedy 1960 in Washington | Quelle: Drug Tito, Tiskarna Ljubljana
Milovan Djilas - Titos schärfster Kritiker
„Ich war der propagandistische Helfer eines Monarchen.“
Der Montenegriner Milovan Djilas (r. - 1911-1995) kritisiert, dass der durch Stalin erzwungene demokratische Umbau der Gesellschaft, nach dessen Tod in breiten Teilen der Partei behindert wird. Grund wäre die Bürokratisierung politischer Entscheidungswege. Der „Liebling der Partei“ fordert mehr Demokratie und das Ende der kommunistischen Partei als Träger diktatorischer Machtstrukturen. Für diese Kritik wird Djilas bereits 1954 allen Ämtern in Staat und Partei enthoben und er verlässt daraufhin freiwillig die Partei.
Nachdem er Tito „absolutistisches“ Machtgebaren vorwirft und die Halbherzigkeit im Prozess der Entstalinisierung anprangert wird er im Januar 1955 zu 1½ Jahre Haft auf Bewährung verurteilt. (Bildquelle: Tito: Život i Delo, Vuk Karadzič, Beograd)
Djilas gibt keine Ruhe. Seine Kritik an der jugoslawischen Politik, nachdem Tito den Einmarsch sowjetischer Truppen in Ungarn 1956 befürwortet, bringt ihm drei Jahre Gefängnis.
Was als Protest gegen den Bürokratismus begonnen hat, steigert sich nun zur Ablehnung der bestehenden sozialistischen Systeme.
Titos sich in den Folgejahren verstärkende außenpolitische Reputation steht im Kontrast zu seinem innenpolitischen Herrschaftsanspruch. Quelle: Tito Život i Delo, Vuk Karadzič, Beograd |