Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.
Seit Ende der 1970er Jahre erlangt die evangelische Kirche eine besondere Rolle in der DDR. Sie stellt sich den gesellschaftlichen Konflikten und bietet einen ideologiefreien Raum. Damit werden die Kirchen auch für Nicht-Christen interessant. Unter dem Dach der Kirche sammeln sich die verschiedensten Basisgruppen. Fortan agiert die Kirche in dem Spagat vom Auftrag der Verkündung durch die Amtskirche und der politischen Einmischung in die Gesellschaft durch einzelne Mitglieder.

Ein Brief der Evangelischen Studentengemeinde am Katechetischen Oberseminar in Naumburg, der die Kirchenleitung aufforderte, ein größeres Engagement in der Friedensfrage zu zeigen, wurde von der Studentenschaft abgelehnt. Der Naumburger Studentenpfarrer Richter belegt anhand dieses Beispiels die unpolitische Einstellung eines großen Teils der Theologiestudenten.

Der Alltag als Gemeindepfarrer in einem kleinen Dorf bleibt eine mühsame Arbeit. Bis auf die Feiertage ist der Gottesdienst eher leer. Es kommen wenig Besucher. Um das zu ändern, muss Kapiske immer wieder auf die Menschen zugehen und ihnen zuhören. Darin sieht er seine wichtigste Aufgabe.

Im neuentstehenden Neubaugebiet Berlin-Marzahn wächst die Kirchgemeinde sehr schnell. Pfarrer Zietz schätzt, dass etwas nur 10 Prozent der Menschen einen Bezug zur Kirche haben. Davon gibt es wiederum nur einen kleinen Teil, die aktive Mitglieder sind. Trotzdem schätzt er die Stellung der Kirchgemeinde als wichtig und nicht zu übersehen ein.

Nollau beschreibt den unterschiedlichen Stellenwert der Umwelt- und Friedensgruppen innerhalb der Amtskirche. Während die Umweltgruppen sich auch theologisch (Wahrung der Schöpfung) in die Kirche integrieren lassen, haben Friedensgruppen meist keinen theologischen Ansatz. Sie kämen in die Kirche, weil sie dort einen Freiraum erwarten.

In einem kurzen Statement erklärt Schorlemmer, warum er angesichts der großen Ausreisezahl in der DDR Leben will. Er glaubt, dass ein Dialog möglich ist und möchte dazu beitragen, dass die DDR auf diese Weise lebenswerter wird.

Vor dem Hintergrund des Wettrüstens in Europa und konkret dem bevorstehenden NATO-Doppelbeschluss zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Westeuropa mehren sich die Petitionen von Mitgliedern zur Positionierung der Kirche in der Friedensfrage. Die Synode berät über ein normiertes Antwortschreiben.

Aus Mangel an anerkannten unabhängigen Basisgruppen müsse die Kirche noch die Vermittlerrolle zum Staat einnehmen. Zwar sei die Kirche keine politische Institution, doch Wollenberger sieht momentan keine andere politische Kraft.

Der Schriftsteller kritisiert die westliche Wahrnehmung, wonach die Kirche die Opposition in der DDR bilde. Er fordert vielmehr, die Opposition müsse raus aus der Kirche, denn nur so kann sie sich frei und unabhängig entwickeln. Das vermittelnde und ausgleichende Agieren der Kirche verhindere eine ernstzunehmende Opposition.

Systemkritische Milieus sieht Schorlemmer nur in der Kirche und unter einzelnen Schriftstellern. Es sei aber nicht die Rolle der Kirche, ein Akteur der Opposition zu sein, auch wenn sie sich aus gesellschaftlicher Verantwortung heraus öffentlich äußert. Dem widerspricht aber nicht, dass sich einzelne Mitglieder der Kirche organisieren.

In einem Rundtischgespräch mit Gründungsmitgliedern des Neuen Forums wird auch die Rolle der Kirche thematisiert. Sie bot zwar ein Dach für systemkritische Menschen, aber ihre Wirkung in der Gesellschaft ist gering, weil vielen Menschen die Kirche fremd ist.


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