Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Solidarität mit den Inhaftierten in der ČSSR

Im Januar 1989 kommt es in Prag zu Demonstrationen zum Gedenken an Jan Palach. Dieser hatte sich in einem Akt der politischen Verzweiflung nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten im Januar 1969 selbst verbrannt und erlag seinen Verletzungen. Das Husák-Regime geht mit massiver Gewalt gegen die Demonstranten vor. In diesem Zusammenhang werden auch die Symbolfigur des tschechoslowakischen Widerstandes Vacláv Havel und weitere Dissidenten verhaftet und zu Gefängnishaft verurteilt.

Solidarität mit den Inhaftierten in der ČSSR | Quelle: ABL

Durch die jahrelange Verbundenheit mit der Opposition in der ČSSR kommt es im Rahmen internationaler Proteste auch in der DDR zu verschiedenen Solidaritätsaktionen. Eine Gegenöffentlichkeit schafft der Samisdat.

PDF Download: Offener Brief, 23.2.1989 Bild: vusta/iStockphoto„Wir solidarisieren uns mit den Demonstranten.“
Schnell finden sich 19 oppositionelle Gruppen aus Berlin, Dresden, Leipzig, Frankfurt / Oder, Borna, Weimar, Quedlinburg, Kittlitz, Zittau, Ilmenau und Halle zusammen und protestieren in einem offenen Brief an die Repräsentanten des Nachbarlandes.

 

Quelle: ABL / F. Sellentin
Quelle: ABL / F. Sellentin

Quelle: ABL / F. SellentinFür den 19. März wird zu einem landesweiten Aktionstag für die Freiheit der Inhaftierten in der ČSSR aufgerufen. Vielerorts finden Solidaritätsveranstaltungen statt.

Karte mit Aktionstagen

 


Die Charta 77 bedankt sich für die Solidarität der unabhängigen Gruppen | Quelle: ABL

 

PDF Download: Aktionstag Bild: vusta/iStockphoto„Störung der zwischenstaatlichen Beziehungen DDR – ČSSR“
Die Staatssicherheit verfolgt den Aktionstag in Leipzig sehr genau. Der Bericht zeigt, dass neben der Aufklärung über die Ereignisse in Prag, von den Akteuren neue Aktionen geplant werden. Für die Stasi hat die Veranstaltung einen „offenen, Sozialismus feindlichen Charakter“.

 

Titelgrafik: Bärbel BohleyIm März 1989 erscheint eine gemeinsame Sonderausgabe der Untergrundzeitschriften „Kontext“ und „Ostkreuz“. Die Herausgeber wollen mit dem 37-seitigen Heft „[…] dem allgemeinen Informationsmangel über politische und gesellschaftliche Entwicklungen und – was Havel betrifft –der Unkenntnis seines Werkes wenigstens ansatzweise abhelfen.“ Es werden Auszüge seiner politischen Statements und schriftstellerischen Arbeiten veröffentlicht.

Die Herausgeber des Sonderdrucks über Václav Havel vermissen eine deutliche Solidarisierung von DDR-Schriftstellern mit ihrem inhaftierten tschechischen Kollegen. Einer breiten DDR-Öffentlichkeit ist nur die SED-Propaganda zugänglich, die u.a. den Menschen Havel und seine ganze Familie auf massivste Weise verleumdet:

 

Gesamter SED KommentarGesamter SED Kommentar

 

PDF Download: Havels Rede im Prozess, 21.2.1989 Bild: vusta/iStockphoto„Heute erntet die gegenwärtige Macht die Saat ihrer eigenen stolzen Haltung.“
Was Václav Havel in seiner Verteidigungsrede dem tschechoslowakischen Regime vorwirft, gilt angesichts der verleumderischen Kampagnen der SED ebenso für die DDR: Die Staatsmacht benehme sich „[…] wie ein häßliches Mädchen, das den Spiegel in der Annahme zerbricht, er sei an ihrem Aussehen schuld.“

Auf Grund des Drucks der internationalen Öffentlichkeit wird Václav Havel im Mai aus der Haft entlassen.

 

Friedliche und Samtene Revolution

Leipzig, 6.11.1989 | Quelle: ABL / B. Heinze
Leipzig, 6.11.1989 | Quelle: ABL / B. Heinze

Während die SED am 9. November 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer ihre Machtgrundlage in der DDR bereits verloren hat, klammern sich die tschechoslowakischen Genossen verbissen an die ihre. In der DDR demonstriert man aber nicht nur für sich selbst, sondern bleibt mit dem Schicksal der tschechoslowakischen Nachbarn verbunden.

PDF Download: Zur Situation in der ČSSR, 16.11.1989 Bild: vusta/iStockphoto„Wir entschuldigen uns.“
In einer gemeinsamen Erklärung ungarischer und DDR-Oppositioneller werden die Regierungen in der Sowjetunion, in Polen, Ungarn und der DDR aufgefordert, die demokratischen Bewegungen in der ČSSR zu unterstützen.
Mittlerweile agiert man mit dem Selbstbewusstsein, demokratische Veränderungen im eigenen Land erreicht zu haben.

 

Leipzig 1989
Leipzig, 6.11.1989 | Quelle: ABL / B. Heinze

 

„Zeigen wir unsere Anteilnahme!“
In der Fülle der politischen Statements auf den Leipziger Montagsdemonstrationen zum katastrophalen Zustand der DDR sind trotzdem Aufrufe, zur Solidarität mit der Bürgerrechtsbewegung in der ČSSR zu hören. Die Brutalität der tschechoslowakischen Polizei macht deutlich, was den Menschen in der DDR weitestgehend erspart geblieben ist. (Quelle: ABL)

Demonstration in Berlin vor dem tschechoslowakischen Kultur- und Informationszentrum gegen den Polizeieinsatz vom 17.11.1989 in Prag, 21.11.1989 | Quelle: Bundesarchiv
Demonstration in Berlin vor dem tschechoslowakischen Kultur- und Informationszentrum gegen den Polizeieinsatz vom 17.11.1989 in Prag, 21.11.1989 | Quelle: Bundesarchiv

Als eine gewisse Anerkennung der deutsch-tschechischen Beziehungen innerhalb der Opposition kann der Besuch des neu gewählten Präsidenten der ČSSR am 2.Januar 1990 in der DDR gewertet werden. Gerade vier Tage im Amt führt Václav Havels erste Auslandsreise nach Ost-Berlin.

 

Berlin2
Quelle: Bundesarchiv

In Berlin trifft Havel (2.v.l.), nun protokollarisch gebunden, auf den noch amtierenden Staatsratsvorsitzenden Manfred Gerlach (M.) von der Blockpartei LDPD und weiteren Altkadern der SED, die die Regierung bilden. Vor seiner Weiterreise in die Bundesrepublik trifft er sich mit Vertretern der Opposition.

 


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