Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Kurz nach ihrer Abschiebung werden Freya Klier und Stephan Krawczyk in Westberlin interviewt. Nach Kliers Meinung sind die Probleme in der DDR nur von „Außen“ lösbar. Mit „Außen“ meint sie ausländische Partner an denen die SED interessiert ist. Die sollen Druck auf die SED ausüben.

 

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Bild 1: Stephan Krawczyk und Freya Klier in der Laurentiuskirche in Leipzig, 25.10.1987, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Frank Sellentin
Bild 2: Gewandhaus Leipzig 1985, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub
Bild 3: Leipzig, 1986, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub

 

Biografisches:

Freya Klier (Jg. 1950)

  • 1968 Abitur mit Ausbildung zur Maschinenbauzeichnerin
  • 1970 bis 1975 Schauspielstudium in Leipzig und Dresden
  • 1978 bis 1982 Regiestudium in Berlin
  • 1980 Mitbegründerin einer DDR-Friedensbewegung
  • 1984 Berufsverbot
  • 1985 bis 1988 Auftritte mit Stephan Krawczyk in evangelischen Kirchen der DDR
  • 1988 Ausbürgerung

 

Gesprächsprotokoll:

Länge: 19:29 min

Klier spricht über ihre doppelte Erfahrungswelt mit dem System. Einmal als Mitglied der Friedensbewegung und als Theatermacherin. Für ihre künstlerischen Arbeiten nennt sie zwei Beispiele von Inszenierungen, die abgesetzt wurden. Dabei handelte es sich um Anti-Kriegs-Stücke. Berufsverbot bekam sie aber durch ihre Arbeit in der Friedensbewegung. Die Erzählung, wie es dazu kam, beginnt Klier mit ihrem ersten Engagement als Freiberuflerin in Schwerin. Auch hier wurde ihre erst Inszenierung zusammen mit Stephan Krawczyk abgesetzt. Ausführlich spricht Klier über die nächste Inszenierung, die sie mit Schauspielstudenten gemacht hat und in der es um den Bürgerkrieg nach der Oktoberrevolution ging. Klier überraschte dabei die unpolitische Haltung der jungen Leute. Als von der FDJ initiierte Theateraufführung wurde sie von Hartmut König eingeschätzt. Vom Direktor der Berliner Schauspielschule Hans-Peter Minetti und dem Schauspieldirektor in Schwerin Christoph Schroth wurde das Stück abgesetzt. Es wurde neu inszeniert und nur einmal während der FDJ-Tage in Schwerin aufgeführt. Klier beklagt, wie Kraft und Geld verschwendet wurde, nur damit der Partei das Stück ins Konzept passte. Daraufhin bekam sie an staatlichen Bühnen kein Engagement mehr. Trotz zugesagter Absprachen wurde sie hingehalten. Man konnte also nie sagen, das ist jetzt das Berufsverbot.

Auf die Frage, ob sich der Kulturbetrieb in den letzten Jahren nicht geöffnet habe, verweist Klier darauf, dass es nur Ikonen seien, die in der Bundesrepublik wahrgenommen werden. In den 1960er Jahren hätte es eine viel stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit Kunst gegeben. Dabei fallen die Namen Reiner Kunze, Rudolf Bahro und Günter Kunert. Im Gegensatz zum Heute waren die Schriftsteller und Künstler damals noch anerkannter. Klier meint, dass es in der Altersgruppe der unter 40-jährigen kaum eine eigenständige Kultur gibt. Talente haben keine Chance, außer sie passen in das Konzept der SED.

Einen Ausweg aus diesem düsteren Szenario sieht Klier darin, die Machtverhältnisse in der DDR zu ändern. Aus welchem gesellschaftlichen Bereich (kirchliche Gruppen, Kultur oder SED) die Akteure kommen, lässt sie offen. Die Friedensbewegung in der DDR schätzt sie sehr schwach ein. Die Probleme in der DDR sind ihrer Meinung nach, nur von „Außen“ zu lösen. Mit „Außen“ meint sie ausländische Partner an denen die SED interessiert ist. Die sollen Druck auf die SED ausüben.

In diesem Moment schaltet sich Stephan Krawczyk in das Gespräch ein. Er sieht durchaus die Kraft der Menschen in der DDR. Wenn diese sich vehement äußern würden, dann müssten die Funktionäre reagieren, denn deren Interesse liegt an einer „grabesähnlichen Ruhe“. Als Beispiel nennt er den Buttermangel in Folge einer Maul-und-Klauen-Seuche. Eine Reform von unten bewertet er trotzdem skeptisch, denn der Sicherheitsapparat ist allgegenwärtig und mächtig.

 


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