Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Eine Schweriner Gruppe junger Christen organisiert seit 1979 Baumpflanzaktionen. Man wolle nicht nur schimpfen, sondern auch etwas tun. Ein Austausch über ökologische Probleme gestaltet sich aber schwierig, weil die Fakten zur Umweltsituation in der DDR fehlen. Die Problematik hat keine Massenwirksamkeit. Vorderste Aufgabe ist es, ein umweltförderndes Bewusstsein zu schaffen.

 

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Baumpflanzaktion Südraum Leipzig, Mitte 1980er Jahre, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Jürgen Hanisch

 

Biografisches:

Jörn Mothes (Jg. 1962)

  • 1981 Abitur in Schwerin
  • 1979 bis 1989 Ökologiekreis Schwerin (erste Baumpflanzaktionen, kirchliche Umweltseminare, Proteste gegen Autobahnbau), Mitarbeit in Friedenskreisen in Schwerin, Rostock, Jena
  • 1983 bis 1989 Theologiestudium in Jena

 

Gesprächsprotokoll:

Das Gespräch fand auf dem Kirchentag in Schwerin vom 26.-28.6.1980 statt.

Länge: 28 min

Aus einer christlichen Einstellung entstand die Idee für eine Aktion 1979. Zur einer ersten Aktion in Zusammenarbeit mit dem VEB Grünanlagen Schwerin kam es im November 1979. Jörn Mothes berichtet über dieses Aktionswochenende. Es wurden 5.000 Sträucher und Bäume gepflanzt. Man wolle nicht nur schimpfen, sondern auch etwas tun. Die Aktion wurde eingeführt durch einen Dia-Vortrag eines staatlichen Naturschutzbeauftragten mit 30 Zuhörern. Aus der Diskussion ergaben sich neue gemeinsame Aufgabengebiete zur Abwasserbehandlung in Schwerin und zu Fragen der Landwirtschaft (Düngung, Monokultur). Bestandteil des Aktionswochenendes waren Andachten, Lieder, Spiele und Gottesdienst. Bei dieser Aktion blieb man unter christlichen Jugendlichen (ca. 50 Teilnehmer).

Eine zweite Baumpflanzaktion fand im März 1980 mit etwa 100 Beteiligten statt. Diesmal kamen auch Jugendliche aus anderen Orten, eine Gruppe aus Westdeutschland und nichtchristliche Jugendliche. Ein Austausch gestaltet sich schwierig, weil die Fakten zur Umweltsituation in der DDR fehlen. Es wird nur sehr wenig veröffentlicht. Die Problematik hat keine Massenwirksamkeit. Vorderste Aufgabe ist es also ein umweltförderndes Bewusstsein zu schaffen. Jörn Mothes sieht in der 1980 gegründete Gesellschaft für Natur und Umwelt im Rahmen des Kulturbundes als Chance, sich zu informieren, auszutauschen und auf Missstände aufmerksam zu machen. Er sieht aber auch ganz klar die Grenzen. Denn eine nötige Umstrukturierung der Wirtschaft, wird nicht passieren. Die Wirtschaft steht vor den Fragen des Umweltschutzes. So ist auch das Bewusstsein in FDJ-Kreisen. Man kann davon auch keine Hilfe erwarten.

In Zukunft wird die Gruppe mit dem Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg zusammenarbeiten, das einiges Material zur Problematik herausgebracht hat. So wird es im Herbst und zum Jahreswechsel 1980/81 ein Seminar geben. Auch wird man neue Baumpflanzaktion planen. Die Idee hat in anderen Städten ein großes Echo hervorgerufen.

Auch bei der Frage der Atomkraft gibt es viel Wissensbedarf zu den Risiken. Da sich der Staat nicht äußert, entstehen viele Gerüchte. Doch die meisten stehen der Problematik gleichgültig gegenüber.

Zur Frage des sog. alternativen Lebens gibt es viel Kenntnis über Entwürfe in Westdeutschland. Unbekannt ist, wie die Synode dieses Thema aufgegriffen hat. In der DDR geht man mit diesem Leben in die Isolation. Man nimmt schlecht bezahlte Jobs auf dem Land an und praktiziert Landwirtschaft mit einfachsten Mitteln. Attraktiv ist dies für Jörn Mothes durchaus, der aber glaubt durch christliches Engagement dieser Isolation zu entgehen.

Ein abschließender Komplex befasst sich mit dem Christ-sein in der DDR. Dabei geht es um die Alltagserfahrungen als Christ, auch wenn sich das Verhältnis von Staat und Amtskirche in den letzten Jahren gebessert hat. Doch gerade was Schule oder Studienplatz betrifft hat der Staat das Sagen. Auch die Pflanzaktionen wurden argwöhnisch betrachtet, im Sinne von Staatsfeindlichkeit.


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