Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Bärbel Bohley erzählt von ihren Erfahrungen mit der Staatssicherheit. Diese hat sie nie ernst nehmen können, warnt aber davor mit Hilfe ihrer Wahrnehmung den ganzen Apparat zu bagatellisieren. Viele, viele haben sehr darunter gelitten.

 

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Bild 1: Bärbel Bohley, Berlin, September 1989, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Armin Wiech
Bild 2: Bärbel Bohley, Dr. Eberhard Seidel (Mitbegründer: Ärzte für den Frieden, Neues Forum), Jutta Seidel, September 1989 (v.l.) Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Armin Wiech
Bild 3: Bezirksverwaltung der Staatssicherheit Leipzig –im Volksmund „Runde Ecke“, März 1989, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Armin Wiech
Bild 4: Ehemalige Bezirksverwaltung der Staatssicherheit Dresden – Bautzner Straße, 1990, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Rainer Kühn

 

Biografisches:

Bärbel Bohley (1945-2010)

  • 1963 Abitur, Lehre als Industriekauffrau
  • 1969 bis 1974 Studium der Malerei in Berlin
  • ab 1974 Freischaffende Malerin
  • 1982 Mitbegründerin „Frauen für den Frieden“
  • ab 1984 Ausstellungsverbot
  • 1985 Mitbegründerin der Initiative Frieden- und Menschenrechte
  • 1988 Abschiebung nach Großbritannien (für sechs Monate) wegen ihrer Solidarisierung mit den Verhafteten der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration
  • 1989 Initiatorin und Mitbegründerin des Neuen Forums

 

Gesprächsprotokoll:

Länge: 14:28 min

Auf die Frage, wie bedrohlich die Staatssicherheit auf sie gewirkt habe, antwortet Bärbel Bohley, dass sie nie Angst hatte. Es war eher lächerlich, wie sie bei Wind und Kälte vor ihrem Haus standen. Ihrer Meinung nach hat die Stasi Staatsfeinde produziert, um ihre Bedeutung zu rechtfertigen. Jeder hätte zum Staatsfeind durch die Stasi aufgebaut werden können. Alles was man durch Abhören bei ihr erfahren hatte, wusste man doch eh schon durch andere Kanäle. Für sie war es auch keine Überraschung, dass Freunde für die Stasi gearbeitet haben. Das hat ihr ihre Lebenserfahrung gesagt. Kränkend ist das Ausplaudern von seelischen Stimmungen. Das ist Verrat, nicht das Weitergeben von politischen Aktionen. Auch wenn die Bespitzelung ihr nichts ausgemacht hat, so solle man an ihr die Stasi nicht bagatellisieren. Sie wisse um Menschen, die darunter sehr gelitten haben und daran psychisch zerbrochen sind. Die Bedrohung war für sie der unsichtbare Apparat, der menschliche Beziehungen zerstören konnte, nicht der Bewacher vor dem Haus.

In ihren politischen Zielen ist es ihr immer darum gegangen, den Nachbarn zu aktivieren, sich der Macht zu widersetzen. Die unmittelbare Auseinandersetzung mit den Mächtigen war ihr nicht wichtig. Die könne man eh nicht erziehen, sei es nun Honecker oder Kohl.

Obwohl die Stasi so gut informiert war, konnte sie die Zeichen der Zeit nicht deuten. Auch die Opposition konnte das nicht, wie man heute sieht.

Im Nachhinein scheinen Honecker und sein Führungszirkel eher schwach zu wirken. Peter Wensierski stellt sich die Frage, wie Honecker so übermächtig wirken konnte. Bohley antwortet mit der Parabel „Des Kaisers neue Kleider“. Niemand hat gerufen „Der Kaiser ist nackt.“ Alle haben irgendwie mitgespielt. Doch Bohley warnt, die Spitze sei zwar weggebrochen, doch der Rest ist noch da.

 


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