Der bereits seit seiner Schulzeit renitente Aram Radomski kam 1983 nach Berlin und arbeitete dort in der Theater- und Jazzszene.
Mit Siegbert Schefke machte er bereits Fotoreportagen als 1987 die erste Videokamera auftauchte. Mit den Filmen über die Missstände in der DDR bekam für Radomski seine Renitenz einen Sinn. Während Schefke eher der „Manager“ war, verstand sich Radomski als der „Techniker“. Beide ergänzten sich in ihrer Risikobereitschaft.
"Wir haben über zwei Jahre den Untergang der DDR gefilmt." Hier MP3 Ausschnitt herunterladen
Protokoll des Gesprächs:
Aram Radomski stellt sich vor und erzählt kurz von seiner Familie in Mecklenburg. Schon früh hatte er das Fotografenhandwerk gelernt. Über die empfangbaren Westmedien ist er schon als Schüler politisiert worden und von der Schule geflogen. Als Jugendlicher spielte die Biermann-Ausbürgerung eine wichtige Rolle zur Politisierung. 1983 ging er nach Plauen. Die Möglichkeit dort eine Wohnung zu bekommen, zog viele an, so dass es eine kleine Subkultur in Plauen gab. Mit langen Haaren fühlte er sich der Blues-Szene verbunden. Nach einem dreiviertel Jahr wurde er verhaftet wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt. Hintergrund war seine ausländische Freundin. Ein halbes Jahr war er im Gefängnis in Zeithain bei Riesa. Diese Erfahrung hat ihn zunächst eingeschüchtert.
Als er aus dem Knast kam, sind im Oktober 1983 viele seiner Freunde aus Plauen ausgereist. Er ging nach Leipzig zu seinem Vater Gert Neumann, ist in der Stadt aber nicht warm geworden. Er hat sich mit Jobs (Heizer, Kellnern) über Wasser gehalten. Ausreise war für ihn keine Option. 1984 kam er nach Berlin und arbeitete in der Theater- und Jazzszene.
Über die Fotografie hat er Siegbert Schefke kennengelernt. Das erzählt Radomskyi sehr genau. Der sprach ihn auch an, um Filme über die Missstände in der DDR zu machen. Jetzt hatte Renitenz für Radomski einen Sinn bekommen und er machte trotz seiner Knasterfahrung mit. Mit der oppositionellen Szene hatte er bis dahin nichts zu tun. Siegbert Schefke hat ihn da erst reingebracht.
Es folgen Fotoreportagen im ganzen Land zusammen mit Schefke, bis die erste Videokamera 1987 auftauchte. Radomski war dabei der „Techniker“ und Schefke der „Manager“ der Geschichten. Beide ergänzten sich in ihrer Risikobereitschaft. Langsam tasteten sie sich an das Handwerk des Filmens heran. Erst gab es nur Standbilder von Müllhalden (Schwedt). Dann wurden die ersten Interviews geführt. Mit der Arbeit wurden sie auch immer risikofreudiger. Ausführlich erzählt er die Festnahme in Wismar im Juni 1989 und die darauffolgenden Verhöre in Rostock und Berlin. Seine eigenen Filme, zu Beiträgen verarbeitet, im Westfernsehen zu sehen, machte ihn stolz. Den „Ruhm“ musste man aber für sich behalten.
Radomski berichtet von den Filmaufnahmen in der Leipziger Mariannenstraße im Sommer 1989 und wie mutig die Leute waren, so offen in die Kamera zu sprechen. Es folgt eine Diskussion über die Zahl der Demonstranten am 9.10.1989 und beide gehen davon aus, dass es ca. 120.000 Menschen waren. Bei dem Thema erzählt Radomski, wie es zu den Aufnahmen vom Turm der Reformierten Kirche kam. Radomski und Schefke waren auch schon die Montage davor in Leipzig und sollten filmen. Er erzählt, wie sie auf den Kirchturm kamen. Demnach haben sie Pfarrer Sievers mehr oder weniger überrumpelt. Während der Aufnahmen waren beide sprachlos. Das konnten sie sich nicht vorstellen. Am nächsten Morgen hat Wensierski die Kassette bekommen. Beide erzählen jetzt, wie sie den 9. Oktober erlebt haben und einschätzen.
Ab Sommer 1989 zeigte man wenig Respekt vor staatlichen Stellen, so dass es für Radomski eine gewisse Selbstverständlichkeit hatte in Leipzig zu drehen („Ist Leipzig noch zu retten?“). Nach der Maueröffnung fühlte sich Radomski total erschöpft nach zwei Jahren „Full-Speed-Adrenalin-Scheiß“. Ihm war klar, dass es jetzt ihre Arbeit nicht mehr brauchte. Am Ende des Gesprächs kommt das Thema auf einen Film zur Massentierhaltung, der bei Kennzeichen D lief. Auch hat er die SDP-Gründung in Schwante gefilmt. Ausführlich spricht Radomski noch über Falk Zimmermann, der IM der Stasi war.
Bei den Aufnahmen über die Neonazis war er nicht dabei.