Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Die Ingenieurin im Straßenbau beschreibt ausführlich die Ineffizienz in ihrem Betrieb an Hand des Umgangs mit einer aus dem Westen importierten Markierungsmaschine. Die einmal festgelegte Arbeitsnorm kann durch technische Neuerungen nicht angepasst werden, so dass die Arbeiter ihre bezahlte Arbeitsleistung bereits am Vormittag erfüllt hatten.

 

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Bild 1: Leipzig, 1986, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub
Bild 2: Leipzig, 1987, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub
Bild 3: Schwerin, 1983, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub
Bild 4: Berlin, 1985, Quelle: Archiv Bürgerbewegung Leipzig / Mahmoud Dabdoub

 

Gesprächsprotokoll:

Länge: 1:01:49

Die Interviewte ist namentlich unbekannt. Sie spricht über die Kommunalwahl vom 7. Mai 1989 und ihrer Pflicht, daran teilzunehmen, jedoch die Wahlkabine zu nutzen. Die parteilose Christin hegt keine Karrierepläne in der DDR, wozu sie mit ihrem Hintergrund auch nicht die Möglichkeit hat. Die Ursachen für die gestiegene Auseinandersetzung mit den Wahlen in der DDR sieht sie in den Entwicklungen in den anderen osteuropäischen Ländern (Sowjetunion, Polen, Rumänien, Ungarn). Für die gestiegene Wahrnehmung der Wahlen in der Bevölkerung spielen die Aktionen der Opposition keine Rolle. Jedoch sind noch viel zu Viele einfach nur „Zettel falten“ gegangen. Motive vermutet die Interviewte im möglichen Verlust von Privilegien (Westreisen, Karriere, Gehaltserhöhung). Einen Grund dafür, dass es in der DDR nicht brodelt sieht sie darin, dass die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln noch funktioniert. Auch spielt die (verwandtschaftliche) Nähe zur Bundesrepublik eine Rolle. Mit Beginn der verwandtschaftlichen Reisen in den Westen hätten nicht wenige ihre bis dahin aus Karrieregründen verleugnete Verwandtschaft wieder gefunden.

Als Gründe für die massenhaften Ausreisen sieht sie vor allem die materielle Perspektivlosigkeit. Die Menschen haben zwar genug Geld, können damit im Sinne einer Wertanlage aber nichts anfangen.

Die Interviewte berichtet von Devisengeschäften der DDR mit dem historischen Kopfsteinpflaster und berichtet in diesem Zusammenhang ausführlich über die Ineffizienz in ihrem Betrieb. Sie gibt ein Beispiel wie in der Planwirtschaft die Pläne immer erfüllt werden können. Ein Manko ist, dass die wirklichen Fachleute zur Passivität gedrängt werden. Des Weiteren bindet die Überregulierung und Kontrolle viele Fachleute. Einen Ausweg sieht sie in der Zulassung von Privatwirtschaft und dadurch mehr Eigenverantwortung. Ein kleiner Anfang ist durch die Feierabendbrigaden gemacht, die ganz offiziell arbeiten können. Eine Problemlösung ist von führenden Wirtschaftsleuten in den Betrieben nicht zu erwarten. Es seien nicht immer die besten Fachleute. Über die Entscheidung, wer auf welchen Posten kommt, entscheidet letztendlich das Parteibuch. Das Leistungsprinzip ist der Ideologie unterstellt. Auf stringentes Nachfragen hin befürwortet die Interviewte zum einen die sozialistische Idee im Sinne der sozialen Geborgenheit aber auch eine westliche Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft. Man zieht das schwedische Modell zu Rate. Reformkräfte findet sie nur in der Kirche. Es sind aber zu wenig. Eine idealistische Option für Veränderungen wäre der Bankrott der Sowjetunion und man ließe sich die DDR „abkaufen“. Doch die Niveauunterschiede sind zu groß, als das die Bundesrepublik dies machen würde.

Ausführlich erzählt sie vom Verkauf von DDR-Arbeitskräften an Westfirmen, so z.B. beim Bau der Startbahn West in Frankfurt /M. und im Irak. Die Abhängigkeit von der westdeutschen Wirtschaft wird immer größer. Ein Hoffnungsträger für Reformen lässt sich nicht finden. Eine Perspektive sieht sie nicht. Überall rumort es und die Funktionäre verstecken sich, weil ihnen die Argumente ausgegangen sind. Unter den Parteifunktionären ist ein moralischer Zerfall / Auflösung spürbar. Nicht wenige halten sich in der Konfrontation zurück, um für die Nach-Honecker-Zeit noch auf ihrem Posten bleiben zu können.

Die Interviewte erzählt eine Geschichte aus ihrem Arbeitsumfeld, als sie eine Geldprämie der Gewerkschaft ablehnte, da der Selbstbetrug ihr zuwider war.

 


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