Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Im Kreis der Kirchengemeinde Torgau wurde 1983 das Kabarett „Götterspeise“ gegründet. Das Programm war im Gegensatz zu anderen kirchlichen Kabaretts deutlich politisch ausgerichtet. In der ersten Aufführung im Jahr 1984 dominierte noch die innerkirchliche Kritik. So wandelt sich das Programm in der zweiten Aufführung deutlich hin zu politisch kritischen und brisanten Themen. Es wurden die Umweltverschmutzung, die Militarisierung der DDR-Gesellschaft und die Gefahren der Kernenergie thematisiert. Es wurde aber auch Kritik am SED-Staat und dem MfS geübt. Seit 1985 wurden die Akteure des Kabaretts massiv durch das MfS überwacht. Mit ihrem Programm „Störfallera“ trat die Gruppe auch in Halle/Saale und zum Kirchentag in Leipzig auf. Das letzte Mal trat das Kabarett mit dem Programm „Deutschland, reinlich Vaterland“ im Mai 1990 auf.

Die Basisgruppe Torgau entstand vermutlich 1984 in der evangelischen Kirchengemeinde Torgau. Bereits im Herbst 1984 beteiligte sich die Gruppe intensiv an der Friedensdekade. Man stellte regelmäßig Themen wie Gewaltlosigkeit, Bausoldaten und politisch ethisches Handeln zur Diskussion. Im Frühling 1988 organisierte die Basisgruppe vier Abende zu dem Thema Menschenrechte. Aufgrund ihrer Aktivitäten und Inhalte wurde die Gruppe vom MfS als besonders gefährlich eingestuft und stark überwacht. Die Gruppe bestand aus circa 20 Mitgliedern, die in verschiedenen Untergruppen aktiv waren. Nach den Inhaftierungen der Berliner Bürgerrechtler im Januar 1988 begann das Engagement für die Inhaftierten in Form von Fürbittenandachten und der Informationsweitergabe. Ein Großteil der Mitglieder engagierte sich 1989 im Neuen Forum.

Die Umweltgruppe Torgau entstand in den Jahren 1986/87 in der Jugendgruppe der Jungen Gemeinde des Jugendpfarrers Christian Sachse. In Kooperation mit der Kommune wurden illegale Mülldeponien beseitigt und Bepflanzungsaktionen durchgeführt. Die Mitglieder machten durch Proteste und Anzeigen auf Umweltprobleme in ihrer Region aufmerksam. Ein wichtiger Aspekt der Guppenaktivitäten waren die Ausstellungen zum Thema Umweltverschmutzung. Damit trat die Gruppe immer mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Sie vernetzte sich mit einer Großzahl von Umweltgruppen in der Region und unterhielt Kontakte zu Greenpeace im Westen.

 

Bezirk Leipzig Oppositionsgruppen in Leipzig Oppositionsgruppen in Rötha Oppositionsgruppen in Torgau Oppositionsgruppen in Oschatz Oppositionsgruppen in Altenburg Oppositionsgruppen in Bad Düben Helfende Hand Ökologiekreis Taucha Friedens- und Umweltkreis Wurzen Unkraut

 

Mitsprache und Eigenverantwortung

Mitsprache und Eigenverantwortung

In einem streng reglementierten Leben, was auch von weiten Teilen der DDR-Gesellschaft unterstützt wird, suchen seit Ende der 1970er Jahre vor allem Jugendliche nach Formen eines selbstbestimmten Lebens. Selbstbewusst nimmt man sich persönliche Freiheiten bzw. erobert den öffentlichen Raum zur Meinungsbildung. Ende der 1980er Jahre wird vielen oppositionellen Gruppen das Dach der Kirche zu eng und sie drängen in die Öffentlichkeit.

Jugend in der DDR

Jugend in der DDR

Jung-sein in der DDR bedeutet nicht nur eine Auseinandersetzung mit der eigenen Elterngeneration sondern auch mit der Gründergeneration der DDR. Entweder man akzeptiert deren Ideologie und Propaganda oder stößt an Grenzen, die einen politischen Konflikt nach sich ziehen können. Normales soziales Verhalten kann in der DDR unangenehme Folgen haben, wenn es nicht in den engen moralischen Rahmen der Mehrheit passt. Auffallend ist der Rückzug ins Private zu Beginn der 1980er Jahre.

Kirche und Gesellschaft

Kirche und Gesellschaft

Seit Ende der 1970er Jahre erlangt die evangelische Kirche eine besondere Rolle in der DDR. Sie stellt sich den gesellschaftlichen Konflikten und bietet einen ideologiefreien Raum. Damit werden die Kirchen auch für Nicht-Christen interessant. Unter dem Dach der Kirche sammeln sich die verschiedensten Basisgruppen. Fortan agiert die Kirche in dem Spagat vom Auftrag der Verkündung durch die Amtskirche und der politischen Einmischung in die Gesellschaft durch einzelne Mitglieder.

Ökologie und Umweltgruppen

Ökologie und Umweltgruppen

Für viele Menschen ist die Auseinandersetzung mit der Verschmutzung ihrer unmittelbaren Lebens-Umwelt der Einstieg in gesellschaftskritisches Denken und Handeln. Befördert wird diese Entwicklung durch die Tabuisierung der Umweltprobleme seitens des Staates. Gleichzeitig verschärft sich in vielen Regionen der DDR die Umweltsituation. Vor dem theologischen Leitbild der „Bewahrung der Schöpfung“ entstehen unter dem Dach der Kirche viele Basisgruppen.

Allseitige Überwachung

Allseitige Überwachung

Die Überwachung durch die Staatssicherheit ist Bestandteil der allseitigen Kontrolle in der Gesellschaft. In der zeitgenössischen Wahrnehmung gehören die in der Öffentlichkeit präsenten Institutionen der SED und die Polizei gleichermaßen dazu. Der im verborgenen agierenden Stasi wird (vielleicht aus Angst oder Unkenntnis) keine zentrale Rolle beigemessen. Die herausgehobene Bedeutung der Staatssicherheit entsteht erst nach dem Ende der SED-Alleinherrschaft.

Arbeitsalltag

Arbeitsalltag

Die DDR ist nicht zuletzt an ihrer Wirtschaftspolitik gescheitert. Einige Interviews beschäftigen sich mit dem Arbeitsalltag. Zwar kommt man immer wieder auf die marode Wirtschaft zu sprechen, aber Beispiele der strukturellen Misswirtschaft finden sich selten. Mit dem fatalistischen Rückzug ins Private zu Beginn der 1980er Jahre gehen auch Engagement und Innovation im Wirtschaftsleben verloren. Verstärkt wird die Rezession durch die Vorgaben der SED.

Gehen oder Bleiben?

Gehen oder Bleiben?

Die Bundesrepublik ist eine Projektionsfläche für die Menschen in der DDR. Auch wer „bleibt“ ist mental meist „gegangen“. Millionenfach werden die empfangbaren West-Medien genutzt, um das eigene Informationsdefizit zu kompensieren und der immer gleichen Propaganda zu entgehen. Die Fluchtwelle 1989 wird sehr verschieden eingeschätzt. Mancher sieht darin ein mehr oder weniger gesteuertes Ventil zum Machterhalt der SED.

Nation und die Fremden

Nation und die „Fremden“

Vor 1989 wird die Zweistaatlichkeit Deutschlands nicht angezweifelt. Für eine Wiedervereinigung müssten sich beide deutsche Staaten verändern. Aus diesem Selbstbewusstsein spricht auch eine gewisse „DDR-Identität“, erst recht nach den ersten Großdemonstrationen im Herbst 1989. Die Ausländerfeindlichkeit in der DDR offenbart sich in Interviews mit Rechtsextremisten und in Aufnahmen aus der Zeit der neuen politischen Situation 1990

Aktionen und Ereignisse

Aktionen und Ereignisse

Die Sammlung enthält einige Beiträge für die aktuelle Berichterstattung. Peter Wensierski nutzte seine Kontakte in die oppositionellen Szenen und konnte durch seine Interviews zeitnahe Eindrücke von politischen Aktionen in Berlin, Leipzig und Dresden sammeln.

Perspektiven für die DDR

Sehr viele Gespräche beschäftigen sich mit der Frage wie es angesichts der immensen Probleme in der DDR mit dem Land weitergehen kann. Wie löst man die inneren Konflikte mit Blick auf die Reformen im sozialistischen Lager und der Entwicklung moderner Gesellschaften hin zur Jahrhundertwende? Schnell wird klar, dass für umfassende Veränderungen in der DDR die personelle Voraussetzung fehlt. Auch die Opposition schätzt ihr Potential dafür skeptisch ein und baut nicht selten auf die Basis der SED.

Neues Forum

Peter Wensierski gelingt es, unmittelbar nach der Gründung des Neuen Forums am 12. September 1989 einige Erstunterzeichner aus Berlin zu ihren Absichten, Zielen und den Erfolgsaussichten zu befragen. Darüber hinaus verfolgt er die Entstehung und Entwicklung der Bürgerinitiative abseits der großen Zentren.

Aufarbeitung

Unmittelbar nach dem Sturz der SED beginnt die Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Dabei steht zunächst der Machtapparat des Ministeriums für Staatssicherheit im Zentrum der Auseinandersetzung. Interviews mit hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern der Stasi verdeutlichen, wie schwierig das Eingeständnis von persönlicher Schuld, Mitverantwortung und Opportunismus ist.


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