Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V.

Neues Deutschland

Nationalistische Exzesse in Zagreb

Am 22. November 1971 treten über 30.000 kroatische Studenten in einen unbefristeten Streik. Sie wollen damit die Forderungen ihrer (kommunistischen) Parteiführung nach mehr Autonomie gegenüber der Zentrale „Belgrad“ unterstützen. Unmittelbarer Anlass ist der Streit um die Aufteilung der Devisen aus dem Massentourismus an der kroatischen Adriaküste.
Die Massenproteste sind der Gipfel des „kroatischen Frühlings“, wie die kroatische Reformbewegung der Jahre 1970/71 genannt wird.

Kroatischer Frühling

Der „kroatische Frühling“ beginnt mit dem schwelenden Sprachenstreit seit 1967, in dem kroatische Intellektuelle Kroatisch als Amtssprache in ihrer Republik fordern. Alle drei südslawischen Sprachen (Slowenisch, Makedonisch, Serbokroatisch) sind bis dato gleichberechtigte Sprachen des öffentlichen Lebens. Die praktische Handhabung ist angesichts der ethnischen Mischung jedoch schwierig – z.B. Welche Sprache spricht man in der Armee? Sprache wird jetzt als Mittel zum Zweck benutzt, um gegen den jugoslawischen „Einheitsstaat“ vorzugehen und sich national abzugrenzen.

Zu ähnlichen Emanzipationstendenzen kommt es innerhalb der kroatischen kommunistischen Partei. Die Vertreter eines hierarchisch strukturierten Staates „Jugoslawien“ werden vom liberalen KP-Flügel abgelöst. Jugoslawien als Solidargemeinschaft spielt für sie keine Rolle.

Die Prozesse des „kroatischen Frühlings“ ähneln den separatistischen Vorgängen der 1980er Jahre mit serbischem Vorzeichen.

 

1. Schaffung von Identifikationsmerkmalen durch Intellektuelle – Respektierung der kroatischen Kultur

2. Legitimation durch Politik – Respektierung der kroatischen Selbstbestimmung

3. Radikalisierung durch aktionsbetonte Protestformen– nationalistische Forderungen der Studenten

Comic

Losungen

Angesichts der nationalistischen Auswüchse des „kroatischen Frühling“ greift Tito hart durch. Am 12. Dezember 1971 müssen kroatische Spitzenfunktionäre zurücktreten und auf den Straßen Zagrebs kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Studenten.
Hauptakteure der Proteste werden verhaftet, Zeitschriften verboten, die Partei „gesäubert“, Studentenführer verurteilt.
Bis Ende der 1980er Jahre befindet sich Kroatien in einer Phase des „öffentlichen Schweigens“.


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